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Nordsee 2011

Vorab der Törn in Stichworten:

Organisation: VHS Löhne
Charter bei: 45° Nord, Bielefeld/ Lemmer
Revier: Nordsee
Start/ Ziel: Lemmer
Schiff : Bavaria 37
Zeitraum: Sa., 25.6.2011 bis Fr., 8.7.2011
gesegelt: ca. 320 nm
Häfen: 7

Die Törnplanung für 2011 wurde durch den viel zu frühen Tod unseres Segelkameraden Joachim Teske völlig über den Haufen geworfen:

Eigentlich hätte ein Schiff auf einem mehrwöchigen Törn mit wechselnden Skippern und Crews vom Ijsselmeer in die Ostsee zur Kieler Woche und rund Fünen und dann zurück ins Ijsselmeer segeln sollen.

Nun blieben davon drei Wochen Ijsselmeer: Ein einwöchiger und ein zweiwöchiger Törn auf der Bavaria 37 'orange fun' vom Bielefelder Vercharterer 45° Nord.

Das Wetter soll während des Ein- Wochen- Törn eher mäßig gewesen sein, aber auf dem Zwei- Wochen-Törn vom Sa., 25. Juni bis Fr., 8. Juli konnten wir uns nicht beklagen, wir hatten wirklich Glück!

Wenn man in Lemmer einen 14 Tage- Törn beginnt, kann man nicht im Ijsselmeer bleiben, also taucht die Frage auf: grobe Richtung West oder Ost? Natürlich muss man diese Entscheidung u.a. vom Wetter abhängig machen und auf beide Richtungen vorbereitet sein. Der Vercharterer besorgte auf meine Bitte hin die Karten bis Helgoland bzw. bis zur englischen Ostküste (zu einem überschaubaren Preis) und so waren wir für beide Richtungen gerüstet. Das ist einer der Vorteile, wenn man in hiesigen Gewässern und bei einem bewährten Vertragspartner chartert: Erstklassige, druckfrische Karten, nicht dieses Altpapier, dass einem auf dem Mittelmeer manchmal zugemutet wird!

Schon in den Tagen vor Törnbeginn zeichnete sich ab, dass es mit unserem eigentlichen Wunschziel -England- wohl was werden könnte, denn für den Montag wurde stets Ost- und Südostwind angesagt, zwar schwach aber immerhin.

Der Törnverlauf:

Lemmer- den Helder- Lowestoft- Great Yarmouth- Amsterdam- Enkhuizen- Urk- Lemmer

Samstag Ankunft in Lemmer, als Erstes wird der Großeinkauf erledigt, Sonntags das letzte Crewmitglied von einem anderen Schiff geholt (freiwillig!) und Mittags geht es dann Richtung den Oever. Der Wind ist zeitweise schwach bis garnicht vorhanden, sodass wir zwischendurch immer wieder motoren müssen.

Merkwürdige Erscheinung: Bei Windstille ereilt uns ein massiver Überfall: Zehntausende von Insekten unterschiedlicher Art entern das Schiff und krabbelten auf Menschen und Material herum. Und das mitten auf dem Ijsselmeer.

In den Oever verlassen wir per Schleuse das Ijsselmeer und fahren durch das Wattenmeer nach den Helder.

Als wir dort ankommen, dämmert es bereits. Ein Besuch der Stadt steht nicht auf dem Programm. Auch für den nächsten Tag nicht.

Kurz nach unserer Ankunft in den Helder: blaue Stunde

Da wird lediglich getankt und dann für die Überfahrt nach Great Britain abgelegt.

Nach Lowestoft in England sind es ca 115 nm. Wir benötigen dafür ca 25 Stunden- nicht gerade ein Hochgeschwindigkeitsschlag, aber es ist eben schwachwindig mit 1-3 Bft aus Ost und Südost. Zwischendurch, wenn die Fahrt deutlich unter 2 kn fällt machen wir auch den Motor an- irgendwann möchten wir denn doch ankommen!

Auf dem Weg nach England passieren wir gewaltige Bohrinseln

Dämmerung. Die Nordsee ist auf dem Nachtschlag nach England wirklich nett zu uns

In Lowestoft harbour geht es ein Stück hinter den Molenköpfen nach links in das Becken des kleinen Yachthafens. Die Einfahrt in das Becken ist kein Problem, aber die Ausfahrt ist durch eine Ampel geregelt. Wenn das Becken verlassen werden soll, muss man den Hafenmeister anfunken, damit er auf grün schaltet, wenn gerade kein Querverkehr kommt. Dann kann man rausfahren.

orange fun im Yachthafen von Lowestoft

Sehenswert sind in England viele Pubs, sowohl äußerlich als auch von innen. Unter den Pubs in Lowestoft ist das 'harbour inn' noch etwas ganz Besonderes. Das Gebäude aber auch die Inneneinrichtung haben ebenso viel Stil wie der Barkeeper: Very British und sehr gediegen.

Lowestoft ist ein hübsches Städtchen und setzt sein Alleinstellungsmerkmal, das östlichste von ganz Great Britain zu sein, begeistert ein.

Notice: The most easterly post office! Near this you will find the most easterly supermarket, the most easterly public toilet, the most eaterly whatever....

Die Altstadt heißt 'High street' und präsentiert wirklich hübsche Läden.

Hier zuerst der Überblick

Ob auch der Umsatz stimmt?

tea- shop in high street

Bekannt ist es auch für seine 'scores', das sind Treppen von der Altstadt 'High Street' hinunter ans Wasser.

-maltsters score- Treppe in Lowestoft

so sieht ein 'high score' in lowestoft aus

Auch die Kinder sind hier irgendwie ...britisher

Natürlich hat das Städtchen auch allmorgentlich 'The first light': Der erste Sonnenstrahl, der morgens die Insel trifft landet natürlich in -genau- Lowestoft

Nach einem Hafentag in Lowestoft legen wir für die 15 nm ins nördlicher gelegene Great Yarmouth ab.

Great Yarmouth hat eine lange Geschichte als Stadt der Heringsfänger, auf die es stolz ist und die allenthalben präsentiert wird. Ist aber nur Geschichte, weil es keine Heringsschwärme mehr gibt.

Vor Great Yarmouth liegen gewaltige Sandbänke, auf denen offshore Großwindanlagen installiert werden. Für die dafür benötigten Infrastruktur hat man eigens einen neuen Hafen vor der Stadt gebaut.

Aber der ursprüngliche Hafen- auch für die Großschiffahrt- ist der Yare, der Fluß, von dem die Stadt ihren Namen hat.

Der Yare hat der Stadt den Namen gegeben und ist der ursprüngliche Hafen von Yarmouth

Von See kommend muß kurz hinter der Mündung eine Rechtskurve passiert werden. Diese Passage ist durch eine eigene Lichzeichenanlage geregelt: Wenn sich ein Schiff talwärts der Kurve nähert, haben die bergwärts fahrenden rot und müssen warten.

Wenn man nicht wartet, sondern einfach schonmal fährt, weil man meint, das gelte vielleicht nur für die Großschifffahrt, kriegt man über Funk mächtig Schimpfe vom Hafenmeister. Jedenfalls, wenn die Funke an ist. Gut, dass unsere aus war, zuerst jedenfalls......... Schimpfe gabs dann später...........

Aber noch später waren wir auch wieder good friends und der Hafenmeister gab uns nach einer ausführlichen -und ernst gemeinten- Entschuldigung den guten Rat, den Yare rauf zu fahren bis vor die erste Brücke, bei einem Fischer mit grünem Rumpf sollten wir an die Kaimauer gehen.

Great Yarmouth hat nichts, was einem Yachthafen auch nur ähnelt. An den Kaimauern des Yare kann eine Yacht aber auch nicht liegen - zumal ohne Fenderbrett-! Tut aber auch nicht nötig, weil die betagten Skipper des betagten Museums- Heringsfängers 'Lydia Eve' eine bergwärts fahrende Yacht schon von Weitem freundlich heranwinken: Man möge an der 'Lydia Eve' längsseits gehen.

Anlegen in Yarmouth, einen freundlicheren Empfang kann man sich kaum denken

Diesem Angebot wird sich niemand verschließen.

Die Lydia Eve ist ein alter Heringsfänger. Sie hat eine unglaublich komplizierte und zickige Dreizylinder- Dampfmaschine -ist wohl ebenso ein Mädchen wie das Schiff selbst. Die Restauratoren berichten, dass sie die Maschine ans Laufen kriegen, aber niemals das wirkliche Potential abrufen können. Tja- trotz allen Bemühens- da können wir auch nicht helfen.

Beim Festmachen sollte man nicht vergessen, das der Yare ein Tidengewässer ist. Der Fluß fließt zeitweise mit einigen Knoten bergwärts

Der beste Platz für eine Yacht in Great Yarmouth: An der grünen Seite von Lydia Eve

Great Yarmouth ist eine alte Stadt, die versucht, Tradition und wirtschaftliche Notwendigkeiten miteinander zu verbinden.

Die riesige anglikanische Kirche von Great Yarmouth liegt in einem Park, der früher Friedhof war.

Man pflegt komische Sportarten........

.......und einen etwas entlegenen Humor. (Man beachte die Breakfast- Werbung hinter dem kotzenden Ölarbeiter)

Great Yarmouth hat einen wunderschönen, endlosen Sand-Kiesstrand. Im Bereich der Stadt ist der Strand samt Promenade allerdings eine Art riesiger Ganzjahres- Vergnügungspark, dort will man sich nicht wirklich lange aufhalten

Nach unserem Hafentag fahren wir den Yare mit ablaufenden Wasser wieder herunter. Natürlich haben wir die Passage zuvor beim Hafenmeister angemeldet. Er verabschiedet sich sehr freundlich von uns und wir uns von Great Yarmouth.

Wie gesagt: Der Yare ist der Hafen von Great Yarmuth- auch für die Großschiffahrt.

Noch einige Meilen Flußfahrt, dann sind wir unterwegs -zurück auf den Kontinent

Für die Rückfahrt kommt uns der hier üblichen WNW sehr gelegen, z.T. mit ordentlichen 6 Bft., meist aber moderater. Wind von hinten, da kränkt und schwoit das Schiff um alle Achsen gleichzeitig und so wird der Schlag nach dem Empfinden der Besatzung ganz schön lang. Am frühen Morgen sind wir dementsprechend froh, als endlich die Schleusenanlage des Nordseekanals in Sicht kommt.

Endlich zurück auf dem Kontinent- die Norseekanal- Schleuse in Ijmuiden

Die Schleusenanlage ist nicht sofort völlig übersichtlich. Beim Hafenmeister kann man sich per Funk Orientierung holen, wenn man nicht mehr weiß wo es lang geht.

Durch den Nordseekanal Richtung Amsterdam- man fährt zeitweise durch geradezu idyllische Landschaften.......

.......und vorbei an sehr alten Hafenanlagen

....und begegnet Ufos..........

....verschiedener Art......

Mittags rum kommen wir in der Amsterdamer Innenstadt an. Dort liegt der Sixhafen, den im Laufe des Tages zahlreiche Skipper ansteuern. Dort wird niemand abgewiesen. Die Hafenmeister nehmen mit Geduld, Gelassenheit und Organisationstalent jeden Skipper auf, der einen Liegeplatz sucht. Da wir schon mittags einlaufen, haben wir kein Problem, einen Platz zu finden. Der Nachmittag und Abend legt aber zahlreichen Skippern nahe, für die Nacht anzulegen und so füllt sich der kleine Sixhafen zusehens, bis sämtliche Boxengassen und Durchfahrten 'zugeparkt' sind, sodass im Hafen kaum noch Wasserfläche zu sehen ist. Kundige berichteten, der Hafen wäre noch längst nicht wirklich voll. Da hätte man durchaus auch schon mehr Schiffe untergebracht.

Sixhafen um ca. 17:00- da geht noch was-!

Wer im Sixhafen liegt, befindet sich bereits in der Amsterdamer Innenstadt. Eine kostenlose Fahrt mit der Fähre über die Amstel bringt den Besucher direkt zum Hauptbahnhof und in das touristische Zentrum dieser phantastischen Stadt. Von hier aus ist fußläufig alles erreichbar, was den Normaltouristen interessiert.

Grachten

noch mehr Grachten

Vondelpark

de Dam- multikultureller Treffpunkt, nicht nur für Touristen

Nach einem touristischen Hafentag geht es wieder Richtung Ijsselmeer. Auf dem Weg müssen mehrere Brücken und Schleusen passiert werden. Zunächst die ins Markermeer. Etliche andere Segler haben den gleichen Plan

Erst muss man warten, dann gehts weiter

Im Markermeer scheint es zunächst als wären wieder Ufos unterwegs. Dann aber zeigt sich: Es ist nur ein Umzug -im wahrsten Sinne des Wortes- aber eben auf holländisch

Unser nächster Hafen ist Enkhuizen. Ein hübsches Städtchen, gewiss einen Anleger wert, mit netten Restaurants und Kneipen, genau richtig für erschöpfte Crews.

In Enkhuizen haben zahlreiche Plattbodenschiffe ihren Heimathafen und bieten den Touristen Fahrten auf dem Ijssellmeer an. Es ist ein Kommen und Gehen.

Von Enkhuizen aus geht es noch einmal quer über das Ijsselmeer nach Urk. Urk ist der Name des Ortes und war früher außerdem der Name der Insel, als es noch eine Insel war. Später wurde die Insel im Zuge der Landgewinnung friesisches Festland. Die friesischen Holländer meinen, das Gesamtniveau der Bevölkerung sei durch die 'Eingemeindung' der Urker nicht unbedingt gestiegen; irgendwie wäre das mit Urk als Insel auch keine schlechte Lösung gewesen.

Aber das Städtchen ist nett und an den Urkern hatten wir auch nichts auszusetzen- höchstens den Namen

Man sollte im alten Hafen liegen, dann ist alles ganz nah.

Der Urker Leuchturm ist ein Prototyp

Von Urk nach Lemmer, unserem Ausgangspunkt ist es nur noch ein Katzensprung. Und dann ist orange fun wieder in ihrem Heimathafen.

Hier nochmal der Törn in voller Schönheit

Dietrich Stuke

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Zuletzt bearbeitet am 26.12.2012 17:17 Uhr